Versicherungs-Special: Das Ende von Herrn Kaiser?

Hartmut Gasser, 22.07.2016

Der letzte Teil unseres Versicherungs-Specials führt uns in einen Bereich, der von der Digitalisierung ebenfalls stark beeinflusst wird - zum Vertriebskanal. Für Jahrzehnte war der “Herr Kaiser” eine geflügelte und überaus bekannte Werbefigur einer großen deutschen Versicherung und Symbol einer ganzen Branche. Der Trend geht jedoch immer stärker zu Versicherungen, bei denen Versicherung und Versicherungsnehmer keinen menschlichen Kontakt mehr durch Vertreter haben, immer häufiger niemals miteinander telefonieren und kaum einen Briefwechsel mehr unterhalten. Auch die Werbefigur des Herr Kaisers ist schon längst im Ruhestand.

Fast von den Anfängen der Versicherungsbranche an war der Weg zu einer Versicherung immer gleich und geprägt von vornehmster Ausschließlichkeit: Wer eine Versicherung brauchte, ging zum Versicherungsvertreter - oder umgekehrt: Es klingelt der Versicherungsvertreter, erklärt mehr oder weniger die Unberechenbarkeit des Schicksals, füllt einen Versicherungsantrag aus, dieser wird vom Versicherungsunternehmen geprüft und schon ging einige Tage später eine neue Versicherungspolice auf Reisen.

Immer häufiger jedoch ist heutzutage der Versicherungsvertreter ein Computer in Form eines Vergleichsportales, in der Fachsprache “Versicherungs-Aggregator” genannt. Die Kfz-Versicherung macht es vor: Schon 15 % aller Kfz-Versicherungen werden laut einer KPMG-Studie über unabhängige Aggregatoren abgeschlossen. Zählt man den 10 % großen Anteil der Kfz-Versicherungen im Direktvertrieb dazu, sind es schon 25 % aller Anträge. Und wir reden hier bei einer Gesamtsumme von rund 25 Millionen Kfz-Versicherungsverträgen von immerhin über sechs Millionen Verträgen, die niemals einen Handelsvertreter einer Versicherung sehen.

Vor allem bei Kfz-Versicherungen zeigen sich durch das Aufkommen der verschiedenen, unabhängigen Versicherungsportalen sehr anschaulich die Verwerfungen, die Aggregatoren ausgelöst haben. Viele Versicherungsanbieter in diesem Bereich sind Direktversicherungstöchter von großen Versicherungen, die in diesem engen Markt überdurchschnittlich stark auf Kostenreduktion getrimmt sind. Das wird vornehmlich durch schlankere Verwaltungsstrukturen und möglichst viele Digitalisierungsprozesse erreicht.

Verschärft wird diese Situation durch gleich mehrere Variablen:

  • Mit Autoherstellern und -händlern kommen weitere Anbieter und Vermittler hinzu, die potentielle Kunden schon beim Autokauf direkt mit attraktiven Angeboten ansprechen.
  • Versicherungskunden werden mündiger und kompetenter, damit verbunden ist eine abfallende Treue zur bisherigen Versicherung.
  • Die Zahl an versicherungspflichtigen Fahrzeugen wird nach einhelliger Meinung vieler Experten langfristig durch immer mehr Carsharing-Konzepte und anderen, alternativen Mobilitätslösungen leicht, aber dennoch spürbar sinken.

Diese Disruption beim Vertrieb von Kfz-Versicherungen ist kein vorübergehender Trend, sondern glänzt auch nach Jahren immer noch mit kräftigen Zuwächsen. Und diese Disruption ist nicht mehr nur auf den weitgehend systematisch aufgebauten Produktbereich der Kfz-Versicherungen beschränkt, sondern ermöglicht ganz neue Versicherungsfelder. Eine ganze Reihe von Startups, die analog zu FinTechs “InsurTechs” genannt werden, rollen den Markt mit hoch individuellen Versicherungslösungen auf, die teilweise sogar direkt via App auf dem Smartphone abgeschlossen werden können.

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