Die Blockchain als Heilsbringer im Interbankenhandel?

Besim Karadeniz, 30.08.2016

Die digitale Währung Bitcoin gehört zweifellos zu den Geldformen, die eine hohe Stressresistenz bei Geldanlegern erfordern. Kursausschläge von über 60 % an einem Handelstag und regelmäßig negative Nachrichten von spektakulären Einbrüchen bei Handelsplattformen umwehen den Bitcoin von Anfang an. Den Bitcoin zu verteufeln, ist allerdings die falsche Antwort, denn tatsächlich steckt in der Theorie des Bitcoins möglicherweise einer der wichtigsten Trends für die Zukunft im Bereich des internationalen Währungshandels und des Interbankenhandels.

Das B2B-Geschäft “hinter den Kulissen” der Globalisierung gehört zu den wenigen Geschäftsfeldern von Banken, in denen die Welt noch bis vor wenigen Jahren in Ordnung schien. Doch auch hier machen sich die Nachwirkungen der Finanzkrise und die immer stärkeren Transparenzanforderungen bemerkbar. Selbst im sicheren Hafen des Arbitrage-Handels zeigt sich ein immer größeres Missverhältnis zwischen erzielbaren Margen und Aufwand. Auch vor dem Interbankenhandel machen daher Bestrebungen zur Prozessoptimierung keinen Halt.

Der Aufbau einer eigenen Kryptowährung ist ein solches Projekt, das unter der Federführung des Fintech-Startups Clearmatics, den Großbanken Deutsche Bank, UBS, Santander und BNY Mellon und des britischen Brokers Icap für den institutsübergreifenden Wertpapierhandel aufgebaut werden soll. Die Kryptowährung mit dem etwas sperrigen Titel “Utility Settlement Coin” (USC) soll dabei keine eigenständige Währung darstellen, sondern durch Einlagen in normalen Währungen gedeckt und tauschfähig sein. Technische Basis der USC soll aber die so genannte Blockchain sein - und damit das Kernstück der Bitcoin-Technologie.

Die Blockchain (englisch für “Blockkette”) ist innerhalb einer digitalen Währung ein fortlaufendes Verzeichnis aller Transaktionen, das dezentral geführt wird. Dieses Verzeichnis steht allen Handelsbeteiligten zur Einsicht offen und alle Transaktionen innerhalb der Währung werden in dieser Blockchain mit Betrag, Absender, Empfänger, exaktem Zeitstempel und einer digitalen Signatur aufgeführt. So lässt sich die erforderliche Transaktionsauthentizität sicherstellen und protokollieren - und “nebenbei” im Falle des Bitcoins und vielen seiner Kryptowährungsgeschwistern das komplette Bankensystem umgehen.

Klar dürfte sein, dass das USC-Projekt vor allem der Sammlung von praktischen Erfahrungen in kritischen, institutsübergreifenden Handelssystemen dienen soll. Unterschätzt werden darf aber auch nicht der Optimierungsansatz des USC: Laut der Consultingfirma Oliver Wyman belaufen sich die Kosten klassischer Clearing- und Settlement-Systeme weltweit jährlich auf 65 bis 80 Milliarden US-Dollar. Zudem dauern heutige Clearing-Vorgänge mit durchschnittlich zwei Tagen Laufzeit bis zur Glattstellung im immer stärker eingesetzten elektronischen Handel inzwischen viel zu lange.

Der Utility Settlement Coin wird daher für Kunden im Tagesgeschäft wohl kaum sichtbar sein, dennoch hinter den Kulissen der Bankenwelt für viel Aufmerksamkeit sorgen.

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