Datengetriebener Fußball

Ralf Mund, 29.01.2018

Wenn der FC Bayern München in der Bundesliga nach diesem Wochenende 16 Punkte Vorsprung vor dem zweitplatzierten Bayer 04 Leverkusen hat, dann ist das zum großen Teil eine sportliche Leistung – aber nicht gänzlich. Schon längst ist Big Data im Profifußball eine wichtige Säule der Spielplanung.

Als Anfang der 2000er Jahre die ersten Sportjournalisten in ihrer Berichterstattung mit bemerkenswerten Statistikdaten aufwarten konnten, war das Staunen bis in die Wohnzimmer zu hören. Die Zahl der Eckbälle während eines Spieles zu zählen, ist keine Kunst. Die Zahl der gespielten Eckbälle einer Mannschaft bei Auswärtsspielen und die berechnete durchschnittliche Erfolgsquote, schon eher eine. Und all diese vielen Parameter vieler Bundesliga-Spiele so in Bezüge zu setzen, dass aus einer riesigen Datenmenge Prognosen errechnet werden können, ist regelrechte Enterprise-IT. Aus der Theorie hinter dieser Praxis und dem Multi-Milliarden-Markt der ersten und zweiten Fußballbundesliga lässt sich sehr viel ableiten, wohin sich auch das Geschäft der meisten Unternehmen entwickeln wird.

Daten sammeln und speichern

Moderne Sportstatistik funktioniert mit einer akribischen Datensammlung, die vornehmlich mit menschlicher Arbeits- und Urteilskraft durchgeführt wird. In den meisten Sportarten – auch im Profifußball – wird die Datengrundlage daher von Sichtern durchgeführt, die permanent Spieldaten in ein datenbankgestütztes System eingeben, die mit elektronisch gesammelten Daten ergänzt werden.

Diese Datensammlung, die sich bei geübten Sichtern bis hin zur Echtzeit auflösen lässt, enthält komplette Spieltage in Rohdatenform. Wer an welcher Stelle stand, wer wem einen Paß zukommen ließ, wer aus welcher Richtung zum Tor zielte und damit erfolgreich war (oder auch nicht). Zusammen mit aufgezeichnetem Bildmaterial kommen hier pro Spiel zig Gigabytes an Daten zusammen.

Daten aufbereiten

Die nächste Stufe des “datengetriebenen Fußballs” ist die Datenaufbereitung, in der eine kleine Riege von Unternehmen weltweit führend sind und ihre aufbereiteten Datenprodukte an Medien und auch Fußballvereine verkaufen. Eines dieser Unternehmen ist SAP, das hierzu eine eigene Sparte namens Media, Sports & Entertainment aufgebaut hat. Kunden solcher Unternehmen und Abteilungen kommen sowohl aus dem Bereich der Medien, von Fußballverbänden, aber auch direkt von Fußballmannschaften, die sich mit aufbereiteten Daten einen Informationsvorsprung gegenüber der Konkurrenz erhoffen.

Die Wurzeln der aktiven Spielanalyse liegen, wenn man den Berichten unter anderem der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung glauben darf, im Jahr 2014 und der Fußball-WM in Brasilien, die Deutschland nicht nur aufgrund spielerischer Leistungen gewonnen hat, sondern auch mit aktiver Datenanalyse der gegnerischen Mannschaften und Spielern, die im Campo Bahia zur Verfügung standen. Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft konnten sich anhand Datenauswertungen und Spielszenen auf bisher nicht gekannte Weise auf die gegnerischen Mannschaften vorbereiten.

Daten interpretieren

Was einst 2014 mit einem rein rückblickenden Werkzeug begann, ist heute längst ein Markt mit umfangreichen Toolkits geworden, die für Mannschaftsplanung und Spielorganisation kommender Spiele eingesetzt wird. Plante früher ein Fußballtrainer aufgrund der Berichterstattung über eine gegnerische Mannschaft das nächste Spiel, so interpretieren heute Sportdirektoren und deren Teams anhand Big Data die Spielleistungen gegnerischer Mannschaften und einzelner Spiele – inklusive Prognosen darüber, wie eine Mannschaftsaufstellung auf beiden Seiten aussehen könnte.

Und auch in Sachen “Arbeitszeugnis” kommen Spielerdaten zum Einsatz. Im Anbetracht von millionenschweren Käufen von Spielern wird immer häufiger auch die gesammelte Datenbasis Grundlage von umfangreichen Datenanalysen und letztlich von Vereinsinvestitionen.

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